Stefan Noss studierte bei Adolf Frohner an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien, dann an der Düsseldorfer Kunstakademie in der Meisterklasse von A. R. Penck. Seine Arbeiten begegnen als ein faszinierendes Gewebe, als dessen Leitmotiv in unendlichen Variationen der Mensch erscheint. Gliedmaßen, Physiognomien, Köpfe formieren sich zu einer vielschichtigen Matrix. Große Anziehungskraft haben seine Gesichter in ihrer fast skizzenhaften Reduktion. Nie ganz ausgeführt sind sie mehr Andeutung als Festschreibung, flüchtig in ihrer Form und zugleich von außergewöhnlicher, faszinierender Expressivität. Ein archetypisches Panoptikum menschlicher Antlitze und Gefühle öffnet sich, das den Betrachter in ein weites Spannungsfeld stellt. Durchleuchtet werden diese menschlichen Kosmen von einer intensiven, unorthodoxen Farbigkeit, die den Werken von Stefan Noss eine ganz eigene Idiomatik verleiht. In ihr entfalten sich Leichtigkeit, Rhythmus, Verspieltheit. Der existentiellen Tiefe und Vielschichtigkeit der Bilder entspricht die Arbeitsweise des Künstlers. Er kombiniert alles mit allem, greift zurück auf Altes, schneidet aus, übermalt, zeichnet, klebt auf, ritzt, druckt, fügt neu zusammen, überarbeitet immer wieder.
Stefan Noss über den Schaffensprozess:
Ich versuche, einen Anker auszuwerfen auf dem Papier, auf der Leinwand. Das leere Blatt, die leere Leinwand fordern den Moment heraus, die innere Leine loszulassen. Das ist ein hochaufgeladener Moment, in dem vielfältigste Gefühle präsent werden können. Ein Wischer über das Papier mit einer in Farbe getauchten Küchenrolle, ein Collagenfragment, ein Strich – aus einem willkürlichen Impuls heraus auf das Papier gemalt, geklebt, gekritzelt - wird zum Anker.
Ist der Anfang gemacht, beginnt eine Art Ping-Pong-Spiel zwischen mir und den ersten Setzungen, die auf dem Papier sichtbar geworden sind. Von dort webt sich ein Netz. Es öffnen sich Räume. Augen, Münder, Gesichter, Strukturen entstehen in einem Wechselspiel aus eigenem Tun und den Impulsen, die das werdende Bild und die Materialien, die zur Verfügung stehen, selbst geben. Was an Farben und Materialien einfließt, ist oft das – im wahrsten Sinn des Wortes - Naheliegende. Der Zufall spielt mit. Dieser schöpferische Prozess ist rein intuitiv. Es kommt der Punkt, da bin ich im Flow, da fühle ich mich wie ein Instrument, das gespielt wird. Da spüre ich einen Strom, der mich mitnimmt. Gegenwärtiges, Vergangenes, Kommendes fließen dabei ineinander. Beim Arbeiten höre ich gern Musik. Sie schwingt sich in die Bilder ein.